Kriegsreisende

 die Sozialgeschichte der Söldner

Die Ungarn

Husaren in der Fremde.

Obwohl es in Geschichtsbüchern manchmal so dargestellt wird, fielen die Ungarn nicht wie ein plötzlicher Sturm in Mitteleuropa ein, sondern tasteten sich über Jahre langsam vor, wobei Söldnerdienste eine entscheidende Rolle spielten. Mitte des 9. Jahrhunderts mussten sie nach einem gescheiterten Aufstand gegen die herrschenden Chasaren ihre Wohnsitze nördlich des kaspischen Meeres verlassen und bewegten sich langsam nach Westen.

Landnahme der Ungarn

Zuerst unterstützten sie Byzanz gegen die Bulgaren. Als diese aber Frieden schlossen, mussten sie vor den Bulgaren und den nachdrängenden Petschenegen weiter nach Westen ausweichen. Um 895 überquerten sie die Karpaten und besetzten die Ebene Pannoniens. Allerdings waren ihnen um diese Zeit die Machtverhältnisse in den Resten des fränkischen Reiches bestens vertraut. Bei ersten Raubzügen hatten sie zum Teil empfindliche Niederlagen einstecken müssen, doch dann kamen sie in Kontakt mit Arnulf von Kärnten (850-899), dem letzten Spross der Karolinger im Ostfrankenreich.

Arnulf kämpfte an vielen Fronten: gegen die Wikinger, die Langobarden, die Böhmen und den rebellischen Adel. Dabei lernte er schnell die Qualitäten der wilden Reiterkrieger zu schätzen. Sie waren nicht nur gute Kämpfer, sondern auch sehr kostengünstig, wenn man ihnen ausreichend Gelegenheit zum Plündern gab. Er warb sie für seine Feldzüge gegen Mähren, und zog mit ihnen 892 nach Italien, wo er mit ihrer Hilfe die Langobarden besiegte. Als er schließlich 896 zum Kaiser gekrönt wurde, soll er einige tausend Ungarn in seinem Dienst gehabt haben.

Einer von Arnulfs mächtigsten Konkurrenten war der Karolinger Berengar I., der als König der Langobarden in Norditalien herrschte. In Arnulfs Diensten schlugen ihn die Ungarn 899 vernichtend an der Brenta. Da Arnulf kurz darauf starb, konnten sie ihren Machtbereich relativ ungestört weiter nach Westen ausdehnen. Doch auch Berengar konnte bei den endlosen Machtkämpfen der Karolinger auf die Dienste der Ungarn nicht verzichten. Er warb nun selbst Söldner in Ungarn und erlangte mit ihrer Unterstützung 915 die Kaiserkrone. Bei den späteren Kämpfen mit seinen rebellischen Adligen und Rudolf II. von Burgund waren die ungarische Söldner seine wichtigste Stütze. Allerdings plünderten sie anscheinend so hemmungslos im Land, dass Berengar jeden Rückhalt in den eigenen Reihen verlor und schließlich ermordet wurde.

Die Ungarn waren sicher gute Krieger, doch die wichtigste Voraussetzung für ihre erfolgreichen Raubzüge, mit denen sie in den nächsten Jahrzehnten fast ganz Westeuropa verheerten, waren das dortige Machtvakuum und die internen Konflikte, zu deren Lösung man sie immer wieder ins Land holte. Als es Heinrich I. Zum Beispiel gelang das ostfränkische Reich zu stabilisieren und die Ungarn 933 bei Riade zu schlagen, schien die Gefahr gebannt. Aber sein Sohn und Nachfolger Otto I. musste wie die meisten Herrscher zuerst zahlreiche Adelsrevolten niederschlagen, was auch wieder die Ungarn ins Land brachte.

ungarischer Reiter Am gefährlichsten war sicher der "Liudolfinische Aufstand" in dem sich Ottos ältester Sohn Liudolf und sein Schwiegersohn Konrad der Rote gegen ihn erhoben. Als die Aufständischen bereits mehrere Niederlagen erlitten hatten, holte Liudolf 954 die Ungarn ins Land – "hervorragende Bogenschützen als Söldner" schreibt Thietmar von Merseburg. Liudolf empfing sie festlich in Mainz und führte sie anschließend zu einem großen Plünderungs- und Verwüstungszug links des Rheins bis nach Lothringen. Es ist kein Wunder, dass die Ungarn so erneut auf den Geschmack gekommen, im nächsten Jahr gleich wieder – nun ungerufen – ins Reich einfielen, wobei sie dann in der Schlacht auf dem Lechfeld geschlagen wurden.

Damit war die Verwendung ungarischer Söldner im Westen vorerst beendet. Das lag allerdings nicht an mangelnden kriegerischen Qualitäten, sondern viel mehr am fehlenden Kapital, um Söldner in größerem Stil zu bezahlen. Die abendländischen Heere des Hochmittelalters setzten sich vorwiegend aus Feudalaufgeboten zusammen, da man kaum über Geld verfügte. Eine wichtige Ausnahme bildete lediglich Byzanz – wo das Finanzsystem weiterhin funktionierte und Krisenregionen, in denen Plünderungen in großem Stil möglich waren.

Man mag es für eine Ironie der Geschichte halten, dass an diesen verbliebenen "Arbeitsplätzen" bald Deutsche und Ungarn gemeinsam kämpften. Als zum Beispiel Boleslaw "Chrobry" der erste König von Polen seinen Schwiegersohn Swjatopolk 1018 bei einem Kriegszug gegen Kiev unterstützte, befanden sich in seinem Heer 300 sächsische Ritter (anscheinend zum Teil ehemalige Verbannte, die der deutsche Kaiser geschickt hatte) und 500 Ungarn. Da bei der Eroberung Kievs reiche Beute gemacht wurde, konnten alle reich beschenkt nach Hause entlassen werden.

Im Hochmittelalter war Byzanz jedoch der Hauptarbeitsgeber von Söldnertruppen, und berittenen Bogenschützen brachte man seit Belisars Tagen besondere Hochachtung entgegen. Da man sie jedoch unter der eigenen Bevölkerung nicht rekrutieren konnte, mussten sie immer als Söldner unter den nördlich und östlich angrenzen Nomaden angeworben werden. Die Ungarn entwickelten sich dabei neben Kumanen, Petschenegen und Türken schnell zu einem der wichtigsten Lieferanten.

Vielleicht das beste Beispiel für den ungarischen Beitrag zur byzantinischen Militärgeschichte ist die Schlacht von Pelagonia 1259, die das Ende des Lateinischen Kaiserreiches in Griechenland einleitete. Die Byzantiner hatten Infanterie aus Serbien, Anatolien und der Walachei und 300 schwere Reiter aus dem Reich. Ihre Hauptmacht bestand aber aus berittenen Bogenschützen; laut den Quellen 500 Türken, 600 Serben, 2.000 Kumanen und 13.000 Ungarn. In der Schlacht hielten die deutschen Panzerreiter dann eine Zeit lang den Ansturm der Lateiner auf, wurden dabei aber völlig aufgerieben. Die Ungarn umschwärmten derweilen den Gegner und schossen die Pferde nieder, und so wurden die überlebenden Franken schließlich ein Opfer der byzantinischen Infanterie.

Die Schlacht von Pelagonia ist aber vor allem deshalb interessant, weil man hier noch der typischen Arbeitsteilung zwischen schweren mitteleuropäischen Panzerreitern und berittenen ungarischen Bogenschützen begegnet. Denn bald darauf passten sich die Ungarn immer mehr der abendländischen Lebensweise an. Der Adel baute Burgen, kaufte sich schimmernde Rüstungen im Westen und entrechtete die eigenen Untertanen. Unter diesen Umständen waren berittene Bogenschützen bald kaum noch zu finden. Die Adligen kämpften nun selbst als gerüstete Ritter, dabei hatten sie sicher noch leichte Reiter in ihrem Gefolge, die vielleicht noch hier und da den Bogen verwendeten. Von einem besonderen Können wird allerdings nichts mehr berichtet.

Als Ungarn unter Ludwig I. zu einem der mächtigsten Königreiche Europas aufstieg, stieß dieser bald wegen des Besitzes von Dalmatien mit Venedig zusammen und griff schließlich sogar in den Streit um die Thronfolge in Neapel ein. Ludwigs Kriege brachten ab 1347 zahlreiche Ungarn nach Italien, wo auch viele deutsche und italienische Ritter in seinen Diensten standen. Ludwig musste sich zwar nach einigen Jahren anderen, dringenderen Problemen auf dem Balkan und in Polen zuwenden. Dennoch blieben viele der Ungarn in Italien, wo man inzwischen reichlich Verwendung für Söldner hatte und diese dank des Aufschwungs im Finanzwesen auch bezahlen konnte. In den nächsten Jahren stößt man immer wieder auf größere ungarische Kontingente in den Freien Kompanien von Werner von Urslingen, Konrad von Landau und vielen anderen bedeutenden Hauptleuten.

Ähnlich wie bei Ludwigs Eingreifen in Neapel waren es oft dynastische Verbindungen, die Anlass zur Werbung größerer Zahlen ungarischer Söldner lieferten. Sigismund von Luxemburg (1368-1437), der in Personalunion König von Ungarn und römisch-deutscher Kaiser war, warb viele Ungarn für seine Kriege gegen die Hussiten. Oder als Stephan Báthory (1533-1586), der Fürst von Siebenbürgen, König von Polen wurde, nutzte er die Verbindungen in seine alte Heimat, um sich dort mit besonders zuverlässigen Truppen zu versorgen.

Entscheidend wurde für Ungarn jedoch der Vorstoß der Türken auf dem Balkan. Ungarn wurde zunehmend Fronstaat, wodurch die meisten militärischen Ressourcen absorbiert wurden. Wie an der gesamten umkämpften Grenze zwischen Christentum und Islam vom westlichen Mittelmeer, über den Balkan bis in die Ukraine wurde auch für Ungarn der kleine Raubkrieg mit seinen Überfällen, Menschenjagden und Renegaten bestimmend. Je mehr der Krieg als "heilig" propagiert wird, desto schmutziger wird er ja bekanntlich.

Nach der vernichtenden Niederlage bei  Mohács (1526), kamen große Teile Ungarns unter türkische Herrschaft. Das bedeutete, dass der verhasste Knabenzins (die Aushebung von Christenkindern für das Janitscharenkorps) nun auch in Ungarn erhoben wurde. Aber es musste nicht immer Zwang angewendet werden. In den türkischen Heeren und am Hof in Konstantinopel wimmelte es von Renegaten, die auf diese Weise ihre Gefangenschaft erleichtern oder einfach die besseren Karrierechancen im Osmanischen Reich nutzen wollten. Der bekannteste ist sicher der ungarische Geschützmeister Urban, der Mehmed dem Eroberer 1453 das Riesengeschütz für den Angriff auf Konstantinopel goss. Ihm folgten zahllose andere.

ungarischer Heiduck Im permanenten Kleinkrieg gegen die Türken, aber auch in einer ganzen Reihe von Rebellionen gegen die Habsburger, entwickelten die Ungarn ihre eigentliche Spezialität: die Husaren. Über die Herkunft des Wortes gibt es mehrere Theorien, am wahrscheinlichsten scheint, dass es sich vom Lateinischen "cursur" ableitet, das in diesem Zusammenhang die Bedeutung von Räuber oder Raubzug hat. Man sollte in diesem Zusammenhang an "Inkursion" oder "Korsar" denken. Die irreguläre Infanterie bezeichnete man als "Heiducken", was seine Herkunft im türkischen Wort "haydut" für Räuber hat.

Es spricht für die Umstände, dass sich die Husaren in Polen, wohin sie wahrscheinlich im Dienst von Stephan Báthory gekommen waren, nach und nach zur schweren Adelsreiterei entwickelten, während sie in Ungarn dagegen leichte , irreguläre Kavallerie blieben. Dass aber vor allem für die leichte Kavallerie auch international großer Bedarf bestand, belegt dass abgesehen vom Polnischen mit dem Wort Husar (engl: hussar, franz: hussard) immer ein leichter Reiter bezeichnet wird, der besonders für "Husarenstückchen" zu gebrauchen ist.

Leichte Reiter aus Ungarn kämpften bereits im Schmalkaldischen und dann in zunehmender Zahl im Dreißigjährigen Krieg. Allerdings dienten sie zu dieser Zeit noch in den gefürchteten Kroatenregimentern, in denen die Reiterei vom Balkan zusammengefasst war. Die "Krabaten" des Dreißigjährigen Krieges kann man durchaus als Vorform der europäischen Husaren bezeichnen.

So richtig in Schwung kam das Geschäft aber danach, als die europäischen Mächte mit dem Aufbau stehender Heere begannen, was eine zunehmende Spezialisierung einzelner Truppenteile mit sich brachte. Als die Elite galt die schwere Kavallerie, die Kürassiere. Dann gab es die Dragoner, eine Art berittener Musketiere, die als äußerst schlechte Reiter galten. Am wichtigsten war aber wahrscheinlich die leichte Kavallerie, die man fürs Fouragieren, Aufklären, Überfälle, Wach- und Patrouillendienste benötigte; sie bildete Augen und Ohren jeder Armee. Man benötigte dazu gute und abgehärtete Kämpfer, vor allen Dingen aber hervorragende Reiter. Da der Adel aber bevorzugt bei den Kürassieren diente – Husaren hatten keinen guten Ruf -, war es nicht so einfach die passenden Mannschaften zu rekrutieren.

Natürlich fand man auch in Mitteleuropa immer abenteuerlustige Burschen, die gut reiten konnten, die echten Könner warb man jedoch wie so oft in der Geschichte an der Peripherie: Kroaten, Albaner, Kosaken und nach dem Ende der ungarischen Selbständigkeit immer mehr Husaren. Kardinal Richelieu ließ bereits 1635 die "Cavalerie Hongroise" aufstellen. Es soll eine recht wilde, malerische Truppe gewesen sein, die wahrscheinlich durch ihre großen Halstücher den Anstoß für die Entwicklung der Krawatte gegeben hat. Zu dieser Zeit war wie gesagt "Kroat" (Krabat) noch ein allgemeines Synonym für leichte Reiter vom Balkan.

Die Einheit wurde zwar nach dem Pyrenäenfrieden (1659) wieder aufgelöst, 1692 wurde dann aber unter Ludwig XIV. aus Deserteuren der kaiserlichen Truppen ein Husarenregiment aufgestellt. Die Unzufriedenheit der Ungarn mit der absolutistischen Herrschaft der Habsburger und der gescheiterte Kuruzenaufstand (1703–1711) führte stetig neue Flüchtlinge nach Frankreich, so dass 1710 bereits 3 Husarenregimenter gebildet werden konnten. Es handelte sich um die berühmten Rattky-, Eszterhazy- und Bercheny-Husaren, Regimenter, die über Generationen in allen Kriegen Frankreichs kämpften.

Bercheny Husar Zu einem anderen Großabnehmer entwickelte sich Preußen, in dessen Dienste gerne die ungarischen Protestanten traten. Als dann unter Kaiserin Maria Theresia immer härter gegen Protestanten vorgegangen wurde, sorgte dies für einen ständigen Zustrom an Deserteuren und Flüchtlingen, mit denen Friedrich der Große seine Husarenregimenter füllte. In der Zeit von Ludwig XIV. bis zu Friedrich dem Großen während der so genannten Kabinettkriege, sah man den Höhepunkt der Husaren, hier zeigten sie, was sie auf den Schlachtfeldern leisten konnten und hier bildete sich ein Kranz von Legenden um ihre schillernden Gestalten.

Husaren galten als Teufelskerle, verwegen, leichtsinnig, listig und tapfer. Ein französischer Offizier schrieb: "Genau gesagt sind Husaren nichts anderes als berittene Räuber, die einen irregulären Krieg führen. Es ist unmöglich sie normal zu bekämpfen. Wenn man glaubt, dass sie komplett geschlagen und zerstreut sind, tauchen sie wieder auf, in der selben Formation wie zuvor." Die Husaren selbst sagten: "Ein Husar, der mit 30 nicht tot ist, ist ein Schuft" (Das Motto "Live Fast, Die Young" wurde nicht erst vom Rock'n'Roll erfunden).

Bei ihren schnellen Operationen tief im feindlichen Gebiet riskierten die Husaren zwar viel mehr als andere Truppenteile, konnten aber auch hervorragend Beute machen, die sie dann meistens schnell wieder verjubelten. Husaren galten als große Frauenhelden und ebenso große Säufer. Ihr Leichtsinn bei Wetten war berüchtigt und ihre Lust an Duellen gefürchtet. Wie viele Elitesoldaten betonten sie in ihrem Erscheinungsbild gerne das Individualistische, Räuberhafte. An Stelle des üblichen Soldatenzopfes trug ein Husar gerne vier, die zum Teil auch noch durch eingeflochtene Pistolenkugeln beschwert waren. Dazu kam ein möglichst gewaltiger Schnurrbart, der falls nötig schwarz gefärbt werden musste.

Nachdem Husarenregimenter erst einmal zu einer festen Institution geworden waren, setzte sich in allen europäischen Armeen eine für sie typische Uniform durch, die diesen besonderen exotischen Status betonen sollte. Zuerst war da einmal der Tschako eine hohe Mütze, die meist mit einem bunten Tuch bedeckt war, das beim Reiten hinterher wehte. Sehr typisch war auch der Dolman, die mit Schnüren besetzte Uniformjacke, die meistens salopp über der Schulter getragen wurde. Auch der Säbel als Reiterwaffe fand erst durch die Husaren größere Verbreitung in den westeuropäischen Armeen.

Allerdings war der Weg ins Exil weit und bedeutete oft eine dauerhafte Trennung von der Heimat. Deshalb dienten die meisten Ungarn sicher den Habsburgern, vor allen Dingen als zumindest in adligen Kreisen die alten Gegensätze zunehmend verschwanden. Je mehr sich die Ungarn von den Habsburgern anwerben ließen, desto weniger blieben für die Husarenregimenter in Frankreich und Preußen. Man musste sie deshalb dort bald mit Einheimischen und Deserteuren aus anderen Armeen füllen. Am Vorabend der Französischen Revolution stammten von den 6.320 Husaren in Frankreich nur noch 45 aus Ungarn. Erst unter Napoleon erhöhte sich ihr Anteil wieder leicht, da nun zahlreiche Ungarn als Kriegsgefangene oder Deserteure in französische Hände gerieten.

Bei dem Image, das die Husaren von sich selbst pflegten, erstaunt es nicht, dass sich in ihrer großen Zeit – dem Ancien Regime – einige Ungarn besonders hervorgetan haben. Wahrscheinlich könnte man mit ihren chaotischen Biographien leicht ein dickes Buch füllen; ich möchte hier aber nur auf drei besonders schillernde Persönlichkeiten hinweisen.

Michael Kováts Einer von ihnen war Michael Kováts, der als Husar im Heer Maria Theresias diente. 1746 also nach den Schlesischen Kriegen wechselte er nach Preußen. Möglicherweise war es wegen Schulden, einem Duell oder einem der anderen Dinge, die einem Husar so passieren konnten. Dennoch war es Fahnenflucht zum Gegner. Im preußischen Heer diente er mehrere Jahre als einfacher Husar, wurde dann aber mit dem Ausbruch des Siebenjährigen Krieges (1756–1763) rasch befördert. 1761 kehrte Kováts wieder nach Ungarn zurück, wo dann wegen seiner früheren Fahnenflucht ein Verfahren eröffnet wurde. Allerdings konnte er eine Begnadigung der Kaiserin erreichen. Das Leben als Zivilist scheint ihn aber gelangweilt zu haben. Denn als er vom Krieg in Amerika erfuhr, machte er sich auf den Weg dorthin und bot Benjamin Franklin seine Dienste an. Wegen seiner hervorragenden Tätigkeit als Ausbilder gilt Kováts manchen heute als der Vater der US Cavalry. Die Briten meinten zu seiner Einheit: "the best cavalry the rebels ever had." 1779 fiel er dann bei Kämpfen um Charleston.

Geradezu legendär als Kaiser von Madagaskar wurde Moritz August Graf von Benyowszky (auch Benyovszky, Beniowski u.a.). Er hatte als Leutnant für die Habsburger im Siebenjährigen Krieg gekämpft. Danach war er nach Polen gegangen und hatte sich an dem Aufstand gegen Russland beteiligt. Als Kriegsgefangener war er dann nach Kamtschatka verbannt worden, von wo er auf äußerst abenteuerliche Weise auf dem Seeweg entfliehen konnte. Wieder in Europa propagierte er die Eroberung Madagaskars zuerst in Frankreich später in Wien, England und den USA. Nachdem er in Frankreich einige Mittel erhalten hatte, ließ er sich von einigen Stämmen auf Madagaskar zum Kaiser wählen. 1785 fiel er dort bei Kämpfen mit einem französischen Expeditionskorps.

Sozusagen ein ungarische Emigrant der zweiten Generation war François Baron de Tott. Sein Vater war nach dem Kuruzenaufstand nach Frankreich geflohen und dort bei den Bercheny-Husaren eingetreten. François diente dann im selben Regiment wie sein Vater, wurde aber zunehmend bei diplomatischen Missionen in der Türkei und auf der Krim verwendet. Schließlich ging er als Militärberater in die Türkei, wo er vor allem beim Aufbau einer modernen Artillerie hervorragende Arbeit leistete und sich im russisch-türkischen Krieg 1768-74 bewährte. Nach dem Krieg wurde er zu einem der großen Reformer des türkischen Militärs. Als er schließlich nach Europa zurückkehrte, wollte er wegen der Revolution nicht wieder nach Frankreich, und setzte sich deshalb in Ungarn zur Ruhe, wo er 1793 starb.

Da der ungarische Adel jedoch seinen Frieden mit den Habsburgern gemacht hatte, kämpften die Ungarn während der napoleonischen Kriege fast ausschließlich in der kaiserlichen Armee. Erst als sich danach die neuen nationalistischen und liberalistischen Ideen verbreiteten, entstand in Ungarn wieder ein starkes Konfliktpotential. Die Revolution von 1848 entwickelte in Ungarn sehr schnell eine besondere Dynamik und konnte schließlich nur mit massiver russischer Unterstützung niedergeschlagen werden.

Wie so oft in der ungarischen Geschichte sorgte diese gescheiterte Revolution für einen neuen Strom an Emigranten und damit auch an Söldnern. Allerdings war die Nachfrage nach letzteren inzwischen sehr begrenzt. Einige kamen in der Fremdenlegion unter, für die meisten gab es dagegen wenig zu tun. Mehrmals wurde im Exil mit der Aufstellung einer ungarischen Legion begonnen, die an der Seite der Feinde Österreichs kämpfen sollte – so für Italien 1859 in Piemont und für Preußen 1866 in Oberschlesien. Allerdings wurde immer Frieden geschlossen, bevor die Legionen zum Einsatz kommen konnten.

Husarenattacke Die meisten Veteranen, die nicht dauerhaft ins Zivilleben zurückkehrten, kamen deshalb wie so viele andere europäische 48er im Amerikanischen Bürgerkrieg (1861-1865) zum Einsatz. Die überwiegende Mehrheit kämpfte auf Seiten der Nordstaaten, da sie sich dort niedergelassen hatten. Obwohl ihre Zahl verglichen mit anderen Einwanderergruppen sehr klein war, stellten sie einen relativ sehr hohen Anteil an Offizieren, was auf militärische Erfahrung schließen lässt.

Zu dieser Zeit hatte in Ungarn jedoch längst die Politik des "Ausgleichs" begonnen. Die Ungarn wurden damit zu privilegierten Mitgliedern der k. u. k. Doppelmonarchie. Viele Emigranten kehrten zurück und machten ihren Frieden mit den Habsburgern. Dazu kam, dass Söldnerdienste in dieser allzu patriotischen Epoche kaum noch gefragt waren. Sicher fand immer noch der eine oder andere den Weg in die Fremdenlegion und unter den wenigen Abenteurern des 20. Jahrhunderts sind auch Ungarn vertreten. Man sollte hier an den großen Scharlatan und politischen Intriganten Ignaz Trebitsch-Lincoln, oder den Piloten und Saharaforscher Graf Ladislaus Eduard Almásy, der als "der englische Patient" bekannt wurde, denken.

Auch als nach dem II. Weltkrieg wieder eine größere Anzahl ungarischer Emigranten nach Westeuropa strömte, gab es für Söldner nicht viel zu tun. Die Fremdenlegion rekrutierte eine größere Zahl und schickte sie nach Indochina. Die CIA förderte die Gründung militanter Emigrantenorganisationen, die dann bei einem III. Weltkrieg als Kader einer neuen ungarischen Armee dienen sollten. Unter der Führung ehemaliger Pfeilkreuzler entstand so der MHBK (Verband Ungarischer Kämpfer). Als es dann unter stetiger Ermunterung durch die CIA 1956 in Ungarn tatsächlich zum Aufstand kam, rührte Amerika keinen Finger. Eine riesige Welle neuer Emigranten war die Folge, unter denen sich auch viele ehemalige Soldaten befanden. Für die Fremdenlegion kamen sie gerade recht für den Krieg in Algerien. Letzten Endes handelte es sich aber gemessen an der Gesamtzahl nur um Ausnahmen. Die Zeiten in denen sich Europas Flüchtlinge als Söldner durchlagen mussten waren eben schon längst vorbei.

© Frank Westenfelder  




 
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