Kriegsreisende

 die Sozialgeschichte der Söldner

Jacques Margeret

Ein Hugenotte im Dienst von fünf Zaren

polnische Husaren In den französischen Religionskriegen (man zählt acht von 1562 bis 1598) kämpften die Hugenotten mit dem Rücken an der Wand. Als kleine aber militante Minderheit mussten sie sich über viele Jahre gegen eine erdrückende Übermacht behaupten. Viele ehemals biedere Bauern, Handwerker und Kaufleute entwickelten sich deshalb zu professionellen Soldaten, von denen manche auch nach Kriegsende ihrem Metier treu blieben. Auf dem Söldnermarkt hatten sie als harte, nüchterne Profis einen ausgesprochen guten Ruf.

Ein herausragendes Beispiel ist Jacques Margeret, der aus einer Kaufmannsfamilie bei Dijon stammte. Als gute Hugenotten dienten die Margerets Heinrich IV. in den lokalen Milzen, in diplomatischen Missionen und vor allem als Soldaten. Jacques, der wahrscheinlich um 1570 geboren wurde, lernte bei diesen Kämpfen das moderne Kriegshandwerk, in dem Feuerwaffen ständig an Bedeutung gewannen. Daneben scheint er allerdings auch eine solide Erziehung erfahren zu haben; denn er war belesen und sprach außer Französisch zumindest auch gut Deutsch.

Bevor er jedoch Karriere machen konnte, kam der Krieg weitgehend zum Erliegen. Die meisten Margerets kehrten ins Zivilleben und zu ihren Geschäften zurück. Jacques Margeret aber zog 1595 auf den Balkan, wo gerade wieder für einen neuen Kreuzzug gegen die Türken geworben wurde, und trat in die Dienste von Sigismund Báthory dem Prinzen von Transylvanien. Einer seiner Cousins ging wie viele Hugenotten in die Niederlande und kämpfte dort für die Oranier. Man weiß nicht, warum Margeret das weit abgelegene Ziel und den wohl kaum bekannten Dienstherren gewählt hat. Möglicherweise war der Kontakt über calvinistische Kreise zustande gekommen, die zu der Zeit in Transylvanien sehr stark waren; vielleicht folgte er auch einer verspäteten Kreuzzugsromantik, oder es lockte ihn einfach das exotische Ziel.

Smuta - Zeit der Wirren So er irgendwelchen hohen Idealen gefolgt war, wurde er jedenfalls schnell enttäuscht. Nach einigen kurzen Anfangserfolgen, zerfiel der groß propagierte Kreuzzug in den üblichen Kleinkrieg mit Überfällen, Scharmützeln und Belagerungen. Siebenbürgen wurde dabei von unbezahlten Söldnern fast genau so übel ausgeplündert wie von den türkischen Streifscharen.

Margeret wechselte nach einiger Zeit in den Dienst von Kaiser Rudolph II, möglicherweise um dort ein besseres Kommando oder regelmäßigeren Sold zu erhalten. Allerdings hielt es ihn auch dort nicht allzu lange. Denn 1596 oder 97 war er in Polen, wo er von König Sigismund III. das Kommando über eine Kompanie Infanterie erhielt.

Der Wechsel nach Polen machte Durchaus Sinn. Da viele auf ein Eingreifen Polens warteten, um die festgefahrene Situation auf dem Balkan doch noch zu retten. Wahrscheinlich hatte also auch Margeret damit gerechnet, mit dem polnischen Heer nach Siebenbürgen zurückzukehren. Doch daraus sollte nichts werden. Als fanatischer Katholik hatte König Sigismund mehr Interesse daran den Protestantismus in Schweden auszurotten als gegen die Türken zu kämpfen.

Bei diesen Plänen stieß Margeret als guter Hugenotte dann an seine Grenzen. Er hatte sicher kein Problem mit katholischen Dienstherren, so lange es gegen Türken oder andere Katholiken ging, aber er war nicht bereit gegen Protestanten in den Krieg zu ziehen. Er nahm also seinen Abschied und machte sich auf den Weg nach Westen. Wahrscheinlich wollte er nach Wien, um wieder für die Habsburger gegen die Türken zu kämpfen.

Irgendwo auf dem Weg - möglicherweise in Prag – traf er im Juni 1599 einen Abgesandten des russischen Zaren Boris Godunov, der im Reich militärisches Fachpersonal anwerben sollte. Die fremden Söldner der Zaren dienten teilweise in eigenen Eliteeinheiten, sollten jedoch hauptsächlich als Ausbilder die Modernisierung der russischen Armee vorantreiben. Es ging dabei vor allem um einen verstärkten Einsatz von Feuerwaffen und um die richtige Kombination von Pikenieren und Musketieren, die es der Infanterie erlaubte, sich auf offenem Feld gegen Kavallerie zu behaupten. Daneben wurden ständig Artilleristen geworben und nicht zuletzt die so genannten deutschen oder schwarzen Reiter, die mit den neuen Radschlosspistolen erfolgreich als Berittene Feuerwaffen einsetzten.

Das waren alles Dinge, mit denen Margeret seit den Hugenottenkriegen bestens vertraut war. Landsknechte und Reiter hatten dort eine wichtige Rolle gespielt. Bei den Kämpfen auf dem Balkan hatte er sicher noch einiges dazugelernt und Grundkenntnisse in den slawischen Sprachen erworben. Deutsch, das die fremden Söldner in der russischen Armee benutzten, sprach er ohnehin flüssig.

Der Abgesandte des Zaren war von Margerets Erfahrungen jedenfalls sofort sehr angetan und überredete ihn mit nach Moskau zu kommen. Dort angekommen wurde er von Zar Boris Godunov sehr wohlwollend empfangen. Er erhielt große Ländereien, 80 Rubel Jahresgehalt und wurde zum Führer einer Kompanie deutscher Reiter – im Russischen 'rejtary' – ernannt.

Bei Margerets Ankunft verfügte der Zar über ungefähr 2.500 fremde Söldner; ihre Zahl sollte auf 4.000 steigen: Livländer, Polen, Dänen, Niederländer, Franz, Engländer, Schotten, Litauer und natürlich viele Deutsche. Neben ihnen gab es als Berufssoldaten die Strelitzen, die mit Arkebusen bewaffnet waren, die Adelsreiterei und Truppenteile von Kosaken und Tartaren. Die ganz große Masse stellten aber die Milizaufgebote. Diese waren schlecht ausgerüstet, undiszipliniert und hatten nur wenig Kampfmoral. Margeret schrieb: "sie richten oft mehr Schaden an als Nutzen."

Strelitzen Ausbildung von Strelitzen

Einigen dieser bei Moskau ausgehobenen Milizeinheiten versuchten Margeret und seine Kollegen den Umgang mit Langspieß und Muskete beizubringen. Er scheint sich dabei bewährt zu haben, denn er zählte bald zu den höchsten ausländischen Offizieren und erfreute sich der Gunst des Zaren. Außerdem lernte er relativ gut Russisch.

Doch Zar Boris' Herrschaft war alles andere als sicher. Er hatte lange die Regentschaft für Fyodor I., den geistig behinderten Sohn Iwans IV. geführt und nach dessen Tod die Macht an sich gerissen. Dadurch fühlten sich einige der mächtigsten Bojaren übergangen, die nun eifrig gegen ihn konspirierten. Beunruhigend waren auch Gerüchte, dass Dmitri, ein 1591 verstorbener Sohn von Iwan IV., noch am Leben sei.

Ein erster falscher Dmitri tauchte kurz nach 1600 in Polen auf und warb dort um Unterstützung für seine Thronansprüche. König Sigismund hatte zwar kein Interesse, wegen einer derart unsicheren Sache einen Krieg mit Russland zu beginnen, duldete aber, dass einige seiner mächtigen Magnaten Dmitri mit Freiwilligen und Söldnern unterstützten.

Dennoch hätte Dmitri mit dieser kleinen Armee wohl nie zu einer echten Gefahr für Boris Godunov werden können. Das Terrain für ihn bereiteten starke Klimaverschlechterungen, die enormen Missernten und dadurch 1601-1603 die schlimmste Hungersnot der russischen Geschichte verursachten. Viele gaben dem Zaren die Schuld und sahen in Dmitri einen Erlöser. Als er deshalb mit seinen Polen und russischen Exilanten im Oktober 1604 in Südrussland einfiel, traf er kaum auf ernsthaften Widerstand. Kleinstädte öffneten ihm freiwillig die Tore, verelendete Bauern und rebellische Kosaken eilten zu seinen Fahnen. Nach einem überraschenden Sieg über eine schlecht geführte russische Armee konnten die Rebellen sogar größere Städte wie Chernigov und Kursk erobern.

Um Dmitris überraschenden Vorstoß doch noch rechtzeitig zu stoppen, schickte Zar Boris alle verfügbaren Truppen an die Front. Sie trafen Ende Januar bei Dobrynichi in der Nähe von Bryansk auf die Rebellen. Der Angriff von Dmitris polnischer Kavallerie und seinen Kosaken konnte zwar im Zentrum von dem Salvenfeuer der Strelitzen gestoppt werden. Es gelang ihnen aber einen Flügel komplett in die Flucht zu schlagen.

Schlacht bei Dobrynichi 1605
Schlacht bei Dobrynichi 1605

Entscheidend wurde hier nun der Gegenangriff zweier Kompanien deutscher Reiter unter dem Kommando von Jacques Margeret und dem Livländer Walther von Rosen. Ein Zeitzeuge schreibt: "Sie griffen Dmitris Truppen mit solcher Gewalt an, dass diese nicht nur von der Verfolgung der Moskauwiter ablassen sondern auch die eroberte Artillerie aufgeben mussten und sich zur Flucht wandten. Der Schlachtruf der Deutschen war: 'Hilf Gott! Hilf Gott!' Als die Moskowiter die Tapferkeit der Deutschen sahen und wie diese alleine den Feind vom Feld trieben, fassten sie wieder Mut und kamen den Deutschen mit dem Schlachtruf 'Hilf Gott! Hilf Gott!' zu tausenden zu Hilfe."

Nach dem Sieg schien das Problem erst einmal abgewendet. In Moskau wurde eine große Siegesparade abgehalten; Margeret wurde vom Zaren fürstlich belohnt, und seine Männer erhielten einen Jahressold im Voraus.

Doch Boris Godunov starb bereits wenige Monate später an einem Schlaganfall. Sein sechzehnjähriger Sohn wurde zwar noch schnell als Fyodor II. zum Zaren gekrönt, aber er konnte sich fast nur auf seine fremden Söldner verlassen. Unter der Bevölkerung hatte Dmitri schon länger viele Anhänger und jetzt verhandelten auch immer größere Teile des Adels mit ihm. Als man sich geeinigt hatte, zog er von der jubelnden Bevölkerung empfangen in Moskau ein. Da erklärten dann auch die Söldner ihre Loyalität für Dmitri.

Dieser wusste ihre Dienste als neuer Zar zu schätzen. Für seinen persönlichen Schutz ließ er eine Leibwache aus drei Komapnien mit jeweils 100 Söldnern aufstellen. Die erste führte Margeret, die zweite ein Livländer und die dritte ein Schotte, der allerdings so lange in Polen gelebt hatte, dass er einen polnischen Beinamen führte. Margeret war von seinem neuen Dienstherrn sehr angetan und beschreibt ihn als fähigen und großzügigen Herrscher. Vor allen Dingen war er jedoch fest davon überzeugt, dass es sich bei Dmitri wirklich um den Sohn Iwans IV. handelte.

Dmitris Tod Aber Margerets privilegierte Stellung bei Hofe war nicht von Dauer. Die Bojaren konspirierten nun gegen dmitri. Sie störten die vielen Polen, die mit ihm zu Macht und Einfluss gekommen waren. Besonders unpopulär war, dass Dmitri zum Katholizismus konvertiert war und dann auch noch ein polnische Prinzessin heiratete.

Bereits wenige Tage nach der Hochzeit schlugen die Verschwörer zu. Margeret war gerade krank, weshalb es einigen Bojaren gelang, einen guten Teil der Leibwache wegzuschicken. Der Rest wurde mit Dmitri vom aufgebrachten Volk erschlagen, dazu viele Polen in der Stadt.

Nachdem die Unruhen abgeklungen waren, wählten die Bojaren Vasili Shuysky, einen der Hauptverschwörer, als Vasili IV. zum neuen Zaren. Für Margeret war er damit der vierte Zar, dem er nun dienen sollte. Doch Margeret scheint ihm Dmitris Ermordung wirklich nachgetragen zu haben; denn er nahm kurz darauf seinen Abschied und fuhr von Archangelsk im September 1606 zurück nach Frankreich.

In Paris besuchte er König Heinrich IV. und berichtete ihm von den Kämpfen und Intrigen am Zarenhof. In Frankreich wusste man zu dieser Zeit sehr wenig von den Ereignissen im fernen Russland, und der König drängte ihn deshalb einen Bericht über die Situation in Russland zu schreiben.

Das in den nächsten Monaten entstandene Buch gilt bis heute als eine der wichtigsten Quellen zur Zeit der Wirren. Leider schreibt Margeret, wie viele Zeitzeugen damals, kaum etwas über sich selbst, seine Ansichten und Meinungen. Es wird lediglich klar, dass er Dmitri für den fähigsten Zaren gehalten hatte.

Es erstaunt deshalb nicht, dass er sich sofort wieder auf den Weg nach Russland machte, als von dort erste vage Nachrichten eintrafen, dass Dmitri noch am Leben sei und mit einer großen Armee Moskau bedrohe.

Dieser zweite Dmitri war eine Kreatur der polnischen Magnaten, die nicht so einfach auf die gigantischen Ländereien und Privilegien verzichten wollten, die ihnen der erste Dmitri zugesichert hatte. Neben polnischen Söldnern sammelten sich um diesen neuen Dmitri viele der Unzufriedenen, die bereits den ersten unterstützt hatten, darunter viele Kosaken. Dazu kamen einige Bojaren, die sich von dem neuen Zaren Vasili IV. übergangen fühlten.

Diese Truppen hatten die Armee des Zaren vernichtend geschlagen und dann in Tushino (heute ein Vorort von Moskau) ein großes Lager errichtet und belagerten von dort aus Moskau. Vasilis Lage war schließlich so verzweifelt, dass er sich mit großen Gebietsabtretungen in Karelien die Unterstützung Schwedens erkaufte.

Tushino Dmitris Lager bei Tushino

Als Margeret 1609 nach Tushino kam, wo Dmitri in einem hastig errichteten Zarenhof residierte, merkte er natürlich sofort, dass es sich hier um eine Täuschung handelte. Trotzdem bestätigte er öffentlich Dmitris Authentizität. Sicher sah er in ihm ein gutes Werkzeug, um gegen Zar Vasili Krieg zu führen. Auf jeden Fall war die Bestätigung des ehemaligen Kommandeurs von Dmitris Leibwache von nicht geringer Bedeutung, und Margeret zählte nun zu den wichtigen Männern in Tushino.

Jedoch bereits im Februar hatte Schweden ein Söldnerheer – hauptsächlich Deutsche, Engländer und Schotten – unter dem schwedischen General Jacob De la Gardie Russland zu Hilfe geschickt. Mit diesen Verstärkungen waren die Truppen des Zaren endlich stark genug um die Belagerung von Moskau zu sprengen und die Rebellen aus Tushino zu vertreiben. Dmitri wurde einige Zeit später auf der Flucht ermordet.

Das Eingreifen Schwedens hatte allerdings dessen Konkurrenten Polen auf den Plan gerufen. König Sigismund führte nun selbst ein großes polnisches Heer nach Russland und begann mit der Belagerung des stark befestigten Smolensk. Im polnischen Lager vor Smolensk trafen dann nach und nach viele von Dmitris Söldnern und auch russische Rebellen ein. Darunter befand sich auch Margeret. Er war nun offensichtlich bereit, mit den Polen gegen Moskau zu marschieren.

Seine Dienste wurden gebraucht. Einige Bojaren waren mit König Sigismund in Kontakt getreten und hatten ihm für seinen Sohn Wladislaw die Zarenkrone angeboten. Sigismund setzte daraufhin einen Teil seiner Armee nach Moskau in Marsch, wo ihnen die Verschwörer die Tore öffnen wollten. Da Smolensk weiterhin aushielt, war dieser Teil weniger als 7.000 Mann stark, bestand aber zum Großteil aus den berühmten Flügelhusaren, der wahrscheinlich besten Kavallerie dieser Zeit. Den relativ schwachen Polen hatte der Zar eine zahlenmäßig weit überlegene Armee entgegengeschickt. Zu den über 30.000 russischen Soldaten, von denen die meisten nur defensiv eingesetzt werden konnten, kamen etwa 5.000 schwedische Söldner unter De la Gardie.

Die modern ausgebildeten und bewaffnete Söldner galten als Elite, hatten aber seit Monaten keinen Sold erhalten und standen deshalb kurz vor der Meuterei. Nachdem die Polen durch Überläufer von diesen Problemen erfahren hatten, schickten sie Margeret und einen anderen Offizier um heimlich mit den unzufriedenen Söldnern zu verhandeln. Als es kurz darauf im Juli 1610 bei Klushino zur Schlacht kam, war der Sieg sicher größtenteils den unermüdlichen Angriffen der Flügelhusaren zu verdanken. Trotzdem sollen bereits in der Schlacht mehrere hundert französische Reiter die Fronten gewechselt haben – man kann hier Margerets Einfluss vermuten. Einige englische Einheiten weigerten sich zu kämpfen und blieben im Lager.

Schlacht bei Klushino 1610

Obwohl die Polen einen großartigen Sieg errungen hatten, hatte sich ein Großteil des russischen Heeres in ihr befestigtes Lager geflüchtet, wo weitere Einheiten in Reserve lagen. Auch die meisten Söldner hatten sich in guter Ordnung in ihr separates Lager zurückgezogen. Es war nichts endgültig entschieden.

Unter diesen Umständen verhandelten die Polen weiter mit den Söldnern, versprachen ihnen freien Abzug oder Übernahme in polnische Dienste. Margeret kam hier wieder eine entscheidende Rolle zu. Er war nun 15 Jahre in Osteuropa im Geschäft und kannte möglicherweise einige der Offiziere auf schwedischer Seite persönlich. Jedenfalls wechselten über 2.000 deutsche, französische, englische und schottische Söldner die Seite. Viele andere entschieden sich für freien Abzug. De la Gardie konnte letzten Endes nur noch etwa 400 Mann nach Schweden zurückführen.

Von den Söldnern verlassen zog auch die russische Armee hastig ab. Der Weg nach Moskau war offen. Eine Gruppe Bojaren stürzte nun Zar Wassili, öffnete den Polen die Tore und krönte König Sigismunds Sohn Wladislaw, nachdem er versprochen hatte zur orthodoxen Religion zu konvertieren. Die Polen okkupierten den Kreml und entließen aus Kostengründen den Großteil der Söldner. Sie behielten als Eingreiftruppe lediglich 150 Reiter und 800 deutsche Musketiere unter dem Kommando von Margeret.

Sie wurden bald dringend gebraucht. Der neue Zar und seine Anhänger konnten sich im Land nicht durchsetzen, es kam zu offener Rebellion und schließlich wurden die Polen sogar im Kreml belagert. Bei den harten Straßenkämpfen und auf dem Eis der Wallgräben schlugen sich Margeret und seine Musketiere hervorragend. Ein großer Aufstand der Bevölkerung wurde von ihnen blutig niedergeschlagen, wobei auch große Teile der Vorstädte abgebrannt wurden.

Unruhen in Moskau Trotzdem nahm der Krieg an Intensität zu. Vor allem die unbezahlten polnischen Söldner hausten furchtbar im Land. Margeret scheint sich aber vor allem daran gestört zu haben, dass König Sigismund anscheinend selbst nach dem Zarenthron strebte. Das Land sollte katholisch werden, und die von Margeret gehassten Jesuiten gewannen stetig an Einfluss.

Im Oktober 1611 nach gut einem Jahr in Moskau nutzte er die Gelegenheit und begleitete mit einer Eskorte eine Delegation Bojaren zu einem Treffen mit König Sigismund nach Polen. Da er zur Entlohnung seiner Söldner Zugang zur Schatzkammer des Kremls hatte, bediente er sich vor seiner Abreise noch einmal ausgiebig, und man kann sicher sein, dass er Polen als wohlhabender Mann erreichte.

In Polen plante König Sigismund gerade eine neue Offensive gegen Russland und bot Margeret als erfahrenem Veteranen gute Stellen an. Dieser lehnte jedoch ab und reiste weiter nach Hamburg. Dort begann er mit einigen protestantischen Mitverschwörern Söldner für die russische Gegenregierung zu werben. Die Söldner sollten per Schiff über Archangelsk nach Russland transportiert werden, um dort gegen die Polen zu kämpfen.

Mit Hilfe der englischen Muscovy Company nahm er Kontakt zur russischen Gegenregierung auf und bot ihr seine Dienste an. Allerdings hatte er anscheinend bei den Gemetzeln in Moskau zu gute Arbeit geleistet, so dass ihn die Russen für einen Agenten König Sigismunds hielten, der nun in Archangelsk eine zweite Front eröffnen wollte. Die Behörden in Archangelsk wurden angewiesen weder Margeret noch westliche Söldner ins Land zu lassen.

Nachdem sich dieser Plan zerschlagen hatte, war er für verschiedene protestantische Fürsten in Litauen und Brandenburg aber auch für Frankreich tätig. Er beriet sie in in ihren Beziehungen mit Polen und Russland. Im Geheimen arbeitete er anscheinend auch für Polens alten Rivalen Schweden. Als es dann 1621 zwischen Polen und Schweden wieder zum offenen Krieg kam, war Margeret zuerst noch hinter den Kulissen tätig, führte dann aber ein schwedisches Regiment bei der Belagerung von Riga. Danach verlieren sich seine Spuren.

Jacques Margeret ist sicher eine der interessantesten Figuren der Söldnergeschichte der Frühen Neuzeit. Durch seine Biographie rücken die in Westeuropa wenig bekannten Ereignisse der "Smuta", der Zeit der Wirren, ins Blickfeld. Er diente, oft an entscheidender Stelle, fast jedem der daran beteiligten Zaren. Auch wenn es scheint, dass er dabei in typischer "Söldnermanier" je nach Lage den Dienstherren wechselte, so ist doch eher das Gegenteil der Fall. Als Hugenotte hatte er eindeutig Prinzipien, die für ihn schwerer wogen als gut besoldete Stellen.



Literatur:

Dunning, Chester S. L.
Captain Jacques Margeret: A remarkable Hugenot Soldier in Russia's Time of Troubles
in: Vestnik Volgogradskogo gosudarstvennogo universiteta Serija 4 Istorija Regionovedenie Mezhdunarodnye otnoshenija; April 2019

Dunning, Chester S. L.
Russia's First Civil War: The Time of Troubles and the Founding of the Romanov Dynasty
2001

Dunning, Chester S. L.
The Russian Empire and Grand Duchy of Muscovy: A 17th-Century French Account. by Jacques Margeret
Pittsburgh Press, 1983

Nozdrin,Oleg J.
The Autumn of the Captain: Jacques Margeret's Last Mission
Russian History, Vol. 41, No. 4 (2014), pp. 505-511

Bussow, Conrad
Zeit der Wirren
Berlin 1991

© Frank Westenfelder  


 
Kriegsreisende

Artikel
- Archetypen
- Völker
- Antike
- Mittelalter
- Renaissance
Neuzeit
- Absolutismus
- Imperialismus
- 20.Jahrhundert
- Gegenwart

Biographien

Medien
- Bücher
- Filme

Links

Disclaimer
Archetypen Völker Antike Mittelalter Renaissance Neuzeit Absolutismus Imperialismus 20. Jahrhundert Gegenwart