Alexander der Große
zwischen Patriotismus und Söldnertum.
Manche lernen in der Schule vielleicht noch den Spruch "im Jahre drei-drei-drei,
bei Issos Keilerei" und stellen sich vor, dass Alexander mit seiner Schar
tapferer Griechen eine unübersehbare Flut von Persern in die Flucht
geschlagen hat. Doch in den Schlachten am Granikos und bei Issos bildeten
griechische Hopliten den Kern des persischen Heeres und Alexanders gefährlichste
Gegner. Das lag nicht an einer nebulösen Dekadenz oder militärischen
Unfähigkeit der Perser, wie in einigen älteren Büchern zu
lesen ist, sondern an der Sozialstruktur des persischen Reiches. Etwas
vereinfacht gesagt, stellte ähnlich wie im mittelalterlichen Europa
die Feudalaristokratie eine sicher tapfere aber nicht besonders disziplinierte
Reiterei. Die großen Massen des Fußvolkes wurden dagegen unter
den zahllosen Stämmen und Völkerschaften des Riesenreiches mit
Zwang ausgehoben und zusammen getrieben und waren in einer Feldschlacht
von äußerst zweifelhaftem Nutzen. Wie jede Adelsreiterei war
auch die persische bei weitem nicht so zahlreich, wie es die griechischen
Berichte in ihren maßlosen Übertreibungen glauben machen wollen.
Zudem hatte der Adel wie die meisten seiner Standeskollegen den Nachteil,
dass er nur allzu oft mit seinen eigenen Interessen beschäftigt war
und deshalb zu Intrigen und Verschwörungen tendierte. Die mit Abstand
zuverlässigsten Truppen waren im Perserreich deshalb seit langem griechische
Söldner, die nicht nur vom Großkönig sondern auch von den
Satrapen, den Provinzgouverneuren, in großer Zahl beschäftigt
wurden.
Der Befehlshaber der griechischen Söldner, der Rhodier Memnon hatte
nach Alexanders Einfall in Kleinasien von einer Schlacht abgeraten und
vorgeschlagen, statt dessen die schlechte Versorgungslage der Makedonen
auszunutzen. Aber die kleinasiatischen Satrapen hatten in typischer Selbstüberschätzung
ihrer Kräfte darauf bestanden. Am Granikos waren sie dann als erste
von Alexanders Reiterei in die Flucht geschlagen worden. Die griechischen
Söldner hatten dagegen gut standgehalten. Als ihre Phalanx aber auch
von den Flanken her angegriffen wurde, wurden die meisten nach hartem Widerstand
erschlagen und etwa 2.000 gefangen genommen. Modernere Forschungen gehen
davon aus, dass die Angaben von Alexanders Verlusten genau so geschönt
wie die Zahlenangaben zur Stärke seiner Gegner übertrieben sind.
Bei Issos wiederholte sich das gleiche Spiel nur unter Beteiligung des
Großkönigs Dareios. Wieder wurde die persische Reiterei geworfen
– von der Infanterie ist praktisch nirgends die Rede – und die Griechen
blieben alleine zurück als der Großkönig geflohen war.
Trotz der Niederlage zogen sie sich von den Feinden bedrängt in guter
Ordnung zurück und schlugen sich bis zur Küste durch. Dort folgten
sie verschiedenen Anführern. Die größte Gruppe, noch etwa
4.000 Mann stark, versuchte auf eigene Faust, Ägypten zu erobern,
wurde dabei aber nach einigen Anfangserfolgen vernichtet. Dieser verzweifelte
Versuch verdeutlicht nicht nur das immer noch vorhandene Selbstbewusstsein
der geschlagenen Truppe, sondern auch, dass die Söldner in der Heimat
nichts zu erwarten hatten.
Besonders interessant ist aber das Schicksal der Gefangenen, von denen
sich nun einige tausend in Alexanders Händen befanden. Er ließ
sie als Sklaven zur Zwangsarbeit nach Makedonien schicken, da sie sozusagen
als "Vaterlandsverräter" mit dem Feind kollaboriert hatten. Sogar
die Bitte des verbündeten Athens um Gnade für seine Bürger
wurde abgelehnt; Alexander wollte ein Exempel statuieren. Eigentlich war
das ein unerhörter Skandal. Genau betrachtet waren die Makedonen ja
gar keine Griechen und genau so sahen das auch Griechen und Makedonen.
Alexanders Vater Philipp hatte einen Teil der griechischen Staaten erst
kurz zuvor durch lange Kriege unterworfen. Ein Aufstand Thebens war brutal
niedergeworfen worden, Sparta immer noch unabhängig, und bei seinem
Zug gegen Persien hatte Alexander fast die Hälfte der makedonischen
Truppen unter Antipater zurückgelassen, um eventuelle Rebellionen
niederschlagen zu können. Die Situation war ungefähr die, als
ob Adolf Hitler die Schweiz erobert und deren Einwohner dann als Deutsche
zum Wehrdienst gezwungen hätte. Das wäre Hitler sicher zuzutrauen
gewesen; die Frage ist aber die, was wohl die Schweizer davon gehalten
hätten.
Die griechischen Söldner hielten jedenfalls nichts davon. Manche
Familien hatten den Persern seit Generationen gedient. Sie waren dort meistens
gut bezahlt und anständig behandelt worden. Dazu kamen viele politische
Emigranten, die vor der Unterdrückung der Makedonen aus Griechenland
geflohen waren. Wahrscheinlich werden nur wenige von ihnen einen Grund
gesehen haben, warum sie plötzlich diesem Emporkömmling aus Makedonien
dienen sollten, nur weil dieser ihre Heimat unterworfen hatte. Alexander
hatte zwar theatralisch alle Griechen zum großen Rachefeldzug für
die Perserkriege aufgerufen. Doch mit solch durchsichtigen Argumenten konnte
man nur wirklich äußerst einfachen Geistern kommen. Die großen
Schlachten von Marathon und Salamis lagen ungefähr 150 Jahre zurück,
und jedem musste klar sein, dass es hier entweder um makedonische Großmachtspolitik
oder um die persönliche Ruhmsucht eines einzelnen ging. Zudem muss
man sehen, dass die Griechen von Alexander zwar viel gelobt wurden, in
konkreten Machtfragen jedoch kaum Einfluss hatten. Auch die zwangsverpflichteten
Griechen und Söldner, die auf Alexanders Seite kämpften, wurden
von den Makedonen gerne als Soldaten zweiter Klasse behandelt.
In den beiden Jahren nach der Schlacht von Issos war Alexander mit der
Unterwerfung Kleinasiens, Syriens und Ägyptens beschäftigt. Dadurch
sicherte er nicht nur seine Basis für den geplanten Vorstoß
ins Zentrum des Perserreiches, sondern schnitt den Großkönig
auch von seinen traditionellen Söldnerquellen im Westen ab. Als es
dann 331 bei Gaugamela zur entscheidenden Schlacht kam, hatte der Großkönig
nur noch etwa 4.000 Griechen in seinem Sold. Die von antiken Autoren angeführten
Zahlenangaben zur stärke des persischen Heeres kann man als pure Propaganda
vergessen, inzwischen geht man davon aus, dass die Makedonen an Infanterie
sogar leicht überlegen waren, während die Perser wesentlich mehr
Kavallerie hatten. Die griechischen Söldner sollten der nicht sehr
stabilen persischen Schlachtordnung sozusagen als Korsettstangen den fehlenden
Rückhalt geben. Dareios stellte sie deshalb zusammen mit seiner Leibgarde
vor seine eigene Position ins Zentrum.
Während die Makedonen die Angriffe von Dareios gefürchteten
Sensenwagen und Kampfelefanten abwehrten, traf dieses Zentrum der Hauptangriff
Alexanders. Hier beim Angriff auf Dareios Streitwagen wurde alles massiert:
die makedonischen Phalanxen, die schwere Reiterei und die Hypaspisten.
Diesem Ansturm war das zusammengewürfelte persische Fußvolk
nicht gewachsen. Hartnäckigen Widerstand leisteten nur die Leibgarde
und die Söldner. Auch als Dareios schließlich die Nerven verlor
und die Flucht ergriff, deckten sie diese noch mit ihren Leibern. Die meisten
bezahlten diese Loyalität mit ihrem Leben und man fragt sich, was
sie wohl dazu gebracht hat, dort in dem blutigen Gemetzel auf der staubigen
Ebene von Gaugamela so hartnäckig auszuharren. Wahrscheinlich war
es wie bei vielen professionellen Söldnerformationen - keine schnell
gepressten Einheiten oder zusammengelaufene Abenteurer – eine Art von Berufsethos.
Sie machten einfach ihren Job und als alte Soldaten hatten sie auch verinnerlicht,
dass es ihr sicheres Ende bedeutete, wenn sie ihre Formation auflösten.
Wo nach der Flucht des Großkönigs die persische Infanterie vor
den Makedonen auseinander stob und auch die Reiter nach und nach ihre Pferde
wendeten und sich in Sicherheit brachten, schlossen die letzten Haufen
der Söldner nur ihre Reihen enger und erkämpften sich Schritt
für Schritt ihren Weg vom Schlachtfeld.
Als Dareios nach der vernichtenden Niederlage von seinem angeblichen
Millionenheer – 60-80.000 Mann kommen der Realität wahrscheinlich näher
– die zersprengten Reste sammelte. Befanden sich unter den 3.000 Reitern
und 6.000 Mann zu Fuß immer noch etwa 2.000 Griechen. Dafür,
dass sie lange im Zentrum der Schlacht ausgehalten hatten und sich nicht
wie die Reiterei schnell davon machen konnten, hatten sie sich also hervorragend
geschlagen. Während sich Dareios in den Osten seines Reiches zurückzog,
bemächtigte sich Alexander Babylons und damit der immensen Schätze
des Großkönigs. Dort empfing er dann auch in zunehmender Zahl
persische Adlige, die gegen Zusicherung ihrer Privilegien und ihres Besitzes
nur allzu bereit dazu waren, Frieden zu machen. Dieses Verhalten des Adels
ist sicher das allernormalste der Welt (man könnte Seiten mit Beispielen
füllen); man sollte vielleicht nur manchmal ein wenig daran denken,
wenn allzu leichtfertig von der Treulosigkeit fremder Söldner schwadroniert
wird.
Diese begleiteten Dareios weiter auf seiner unglücklichen Flucht
und waren wahrscheinlich bald die einzigen, denen er wirklich vertrauen
konnte. Als die Verfolger unter Alexander immer näher rückten,
begannen die im Gefolge des Großkönigs verbliebenen Satrapen
Pläne zu schmieden, wie sie die drohende Niederlage abwenden und vor
allem ihre eigenen Provinzen retten könnten. Nachts überwältigten
sie den Großkönig, schleppten ihn heimlich als Gefangenen aus
dem Lager und ermordeten ihn einige Tage später. Erst als sich diese
Nachricht verbreitet hatte, schickten auch die Söldner eine Abordnung
an Alexander, um ihre Unterwerfung anzubieten. Dieser war inzwischen gnädiger
gestimmt und benötigte auch immer mehr Soldaten. Deshalb erlaubte
er allen, die schon seit langem in persischen Diensten gestanden hatten,
Entlassung und Heimkehr. Die anderen aber mussten sich ihre Amnestie dadurch
erkaufen, dass sie in makedonische Dienste traten. Das ist sicher nichts
ungewöhnliches. Man erkennt hier jedoch zwischen dem ganzen Jubelpatriotismus,
die Realität, dass der Militärdienst in Persien zumindest für
Griechen einer Bestrafung gleichkam.
Alexander hatte seine Eroberungen unter dem "patriotischen" Banner des
Griechentums begonnen und die Söldner in persischen Diensten als Verräter
behandelt. Mit dem Erfolg warf er jedoch nicht nur seine einstigen "Ideale"
möglichst schnell über Bord, sondern verwandelte auch seine eigene
Armee immer mehr in eine Söldnertruppe. Er bestieg sofort nach Dareios
Tod dessen Thron, und man kann mit ziemlicher Sicherheit annehmen, dass
Griechenland letzten Endes doch noch eine persische Provinz geworden wäre,
wenn Alexander eine dauerhafte Dynastie gegründet hätte. Den
griechischen Bundesgenossen wurde es nach Gaugamela freigestellt zurückzukehren
oder als Söldner zu bleiben. Von den leichten Siegen und reichen Geschenken
verführt blieben viele. Dazu kamen ständig neue, die die entstandenen
Lücken schließen oder in den Garnisonen der zahllosen eroberten
Städte dienen mussten. Makedonien verfügte gar nicht über
die notwendige Bevölkerung, um Alexanders Truppenbedarf auch nur annähernd
zu stillen. Aber das war kein Problem, denn inzwischen verfügte er
über die unermesslichen Schätze des Großkönigs, und
nach seinen Eroberungen war er für griechische Söldner der einzige
Arbeitgeber im östlichen Mittelmeerraum. Zudem haben siegreiche Eroberer
auf Söldner schon immer eine magnetische Anziehungskraft ausgeübt.
Aber es blieb aber nicht dabei. Alexander nomadisierte auch die eher
bodenständigen Makedonen, die ihm als ihrem angestammten König
in den Krieg gefolgt waren. Er infizierte seine persönliche Umgebung
mit seinem maßlosen Egoismus, so dass bald jeder nur noch an Geld
und Macht interessiert gewesen zu sein schien. Durch Alexanders Einfluss
entwickelte sich unter den Makedonen jene Mischung aus skrupelloser Gier
und moralfreiem Egoismus, die oft als Söldnermentalität bezeichnet
wird, verglichen mit der aber Dareios griechische Söldner leuchtende
Vorbilder an Loyalität waren.
Bereits 325, als niemand mehr mit Alexanders Rückkehr aus Indien rechnete,
hatten viele in Baktrien stationierte griechische Söldner einen Aufstand
gewagt, da sie endlich nach Hause wollten. Als dann Alexanders Tod bekannt
wurde, griff der Aufstand schnell um sich. Es schlossen sich immer größere
Gruppen zusammen und zogen nach Westen. Schließlich waren 20.000
Veteranen und 3.000 Reiter unterwegs, die sich mit ihren Schwertern aus
dem Land ernährten. Alexanders Offiziere wahrten zu dieser Zeit zwar
noch oberflächlich den Zusammenhalt, rüsteten aber bereits eifrig
für den Kampf um die ganz große Beute. Der zum Reichsverweser
ernannte Makedone Perdikkas konnte den selbständigen Abzug der Söldner
natürlich nicht dulden, da dies ein schlechtes Beispiel für alle
Truppen gegeben hätte, vor allem aber da die Ankunft so vieler Krieger
im unzufriedenen Griechenland weitere Aufstände begünstigt hätte.
Also erteilte Perdikkas dem Satrapen von Medien Peithon den Befehl die
Meuterer mit einer starken Abteilung Makedonen abzufangen und alle zu töten,
damit der sie nicht selbst in Dienst nehmen konnte – man rüstete ja
bereits kräftig für Krieg gegeneinander. Genau dies beabsichtigte
aber Peithon. Zu diesem Zweck hatte er einen der Anführer der Deserteure
bestochen. Als es dann zur Schlacht kam, zog sich dieser mit seinen Truppen
zurück, worauf sich die Deserteure zur Flucht wandten. Peithon ließ
die Verfolgung abbrechen und nahm Verhandlungen auf. Die Deserteure sollten
die Waffen niederlegen und anschließend sicher in ihre Garnisonen
zurückkehren. Man einigte sich schnell. Das empörte nun aber
die Makedonen, da ihnen der Reichsverweser die ganze Beute versprochen
hatte. Sie überfielen deshalb die Waffenlosen und erschlugen alle.
Bald brach der Bruderkrieg offen aus. Alexanders höchste Offiziere
zerstückelten das Imperium und kämpften in wechselnden Koalitionen
um die größten Brocken. Perdikkas war beim Angriff auf Ptolemaios
in Ägypten ermordet worden, in Makedonien und Griechenland herrschte
immer noch Antipater, Seleukos hatte die asiatischen Provinzen an sich
gerissen, und dazwischen in Kleinasien etablierte sich Antigonos. Diese
Diadochen hatten von Alexander vor allem gelernt, dass Moral oder Legalität
absolut nichts zählten und man sich statt dessen allein auf seine
übersteigerte Egozentrik und die Macht des Schwertes verlassen sollte.
Obwohl alle ständig Alexanders Namen im Mund führten, wurden
dessen Mutter, Frau und Sohn nacheinander ermordet, als sie nicht mehr
benötigt wurden, um irgendeiner fadenscheinigen Sache den Anstrich
von Legalität zu geben. Das griechische Söldnertum, das ja auch
zuvor schon ein florierendes Geschäft gewesen war, erreichte während
der Diadochenkriege nie gesehene Ausmaße.
Der Fisch beginnt am Kopf zu stinken; aber der Prozess machte auch vor
den einfachen Soldaten nicht halt. Die Elite der makedonischen Infanterie
waren die Hypaspisten, die etwas leichtere Panzer und Schilde als die Hopliten
trugen. Normalerweise kämpften sie zwar wie die Hopliten in der Phalanx,
waren aber wesentlich beweglicher und deshalb vielseitiger einsetzbar.
Die Hypaspisten hatten schon unter Alexander in Griechenland gekämpft,
waren ihm nach Kleinasien, Ägypten, Babylon und schließlich
bis nach Indien gefolgt. Aus den besten von ihnen hatte Alexander die Argyraspiden,
die Silberschilde formiert, seine persönliche Garde. Über zehn
Jahre hatten sie ihm treu gedient, das feindliche Riesenreich kreuz und
quer durchzogen, Wüsten und Berge überquert; sie hatten den Angriffen
persischer Sichelwagen und indischer Kampfelefanten getrotzt, Städte
gestürmt, gegen wilde Stämme gekämpft. Es kam mehrfach vor,
dass Söldner meuterten, weil sie endlich nach Griechenland zurück
und sich dort mit ihrer Beute zur Ruhe setzen wollten. Von den Silberschilden
ist nichts dergleichen bekannt. Sie waren ein wanderndes Volk geworden,
dessen Heimat das Feldlager war, wo sie all ihren Besitz, ihre Frauen,
Kinder und Sklaven mit sich führten.
In den Diadochenkriegen avancierten die Silberschilde schnell zu einer
von vielen Seiten umworbenen Elitetruppe. Sie dienten einigen der Diadochen
und entschiedenen manche Schlacht durch ihre ungestümen Angriffe.
Aber sie waren rebellisch geworden und erschlugen auch schon mal einen
unglücklichen Heerführer und verjagten andere mit Steinwürfen.
Am längsten folgten sie Eumenes dem Griechen, der als Reichsfeldherr
vielleicht noch am ehesten für den Zusammenhalt des Imperium kämpfte.
Eumenes hatte sie immer gut geführt und auch reichlich mit Beute versorgt
und so zogen sie auch mit ihm in den entscheidenden Kampf gegen Antigonos
den mächtigen Herrscher von Kleinasien. Antigonos hatte neue Truppen
aus Makedonien an sich gezogen. Die Silberschilde, von denen die meisten
nun über 20 Jahre im Felde standen, schickten vor der Schlacht einen
Reiter zu den Makedonen, der diesen zurief: "Gegen eure Väter, ihr
verruchten Häupter, wollt ihr kämpfen, die mit Philipp und Alexander
die ganze Welt bezwungen haben." Sichtlich eingeschüchtert von den
Drohungen der alten Veteranen begannen die Makedonen zu murren, dass es
nicht recht sei, gegen Blutsverwandte zu kämpfen.
Als es dann doch zur Schlacht kam, wurde zwar ein Flügel von Eumenes
Heer von Antigonos überlegener Kavallerie geschlagen, aber die Silberschilde
überrannten alles, was sich ihnen entgegenstellte. Da es Eumenes aber
nicht gelang seine Reiter zu einem neuen entscheidenden Angriff zu bewegen,
zogen sich beide Heere zurück, um am nächsten Tag die Entscheidung
zu suchen. Was die Truppen betraf, hatte Eumenes sicher einen Vorteil erkämpft,
aber Antigonos Reiter hatten während der Schlacht sein Feldlager erobert.
Dort fanden sie nicht nur die ungeheuren Schätze, die die Söldner
im Laufe der Jahre zusammengeraubt hatten, sondern auch deren Frauen, Kinder
und Sklaven. Vor allem die Silberschilde, die wahrscheinlich am ausgiebigsten
geplündert hatten, erhoben ein großes Geschrei. Es wird berichtet,
dass sie es nicht ertrugen, ihre Schätze verloren zu haben und eine
Nacht ohne ihre Weiber zu schlafen.
Immer heftiger wurde diskutiert und schließlich schickten sie
Boten an Antigonos und boten ihm an, auf alles einzugehen, wenn er ihnen
nur ihr Eigentum zurückgebe. Als Antigonos lediglich Eumenes Auslieferung
verlangte, warfen sie sich ohne zu zögern auf ihren Feldherrn und
legten ihn in Fesseln. Bevor Eumenes seinem Feind ausgeliefert wurde erhielt
er noch einmal die Gelegenheit zu seinen Truppen zu sprechen und er warf
ihnen erbittert ihre Treulosigkeit und ihren schäbigen Verrat vor.
Viele seiner Soldaten waren so gerührt von seinen Worten, dass sie
weinten und ihre Tat bereuten, die Silberschilde aber schrieen man solle
nicht auf sein Geschwätz achten. Es sei lange nicht so schlimm, wenn
ein griechischer Gauner ins Unglück käme, als wenn die besten
Soldaten Alexanders und Philipps nach ihren lebenslangen Strapazen nun
im Alter der Früchte ihrer Arbeit beraubt, ihren Lebensunterhalt vor
fremden Türen erbetteln und ihre Weiber nun schon die dritte Nacht
bei den Feinden schlafen lassen müssten. Mit diesem Geschrei trieben
sie Eumenes aus dem Lager.
Antigonos ließ Eumenes, den er auch als Gefangenen fürchtete,
kurz darauf ermorden. Angeblich erregte aber der Verrat der Silberschilde
solchen Abscheu in ihm, das er einen großen Teil des Korps dem Satrapen
an der fernen indischen Grenze schickte mit dem ausdrücklichen Befehl
sie so zu verwenden, dass keiner von ihnen Makedonien jemals wiedersehe.
Die anderen wurden auf weit verstreute Garnisonen verteilt, wo sie wahrscheinlich
ein ähnliches Schicksal erwartete. Letzten Endes wird Antigonos aber
kaum aus moralischen Motiven gehandelt haben, dazu hatte er selbst zu oft
Verrat geübt und Bündnisse gebrochen. Für ihn war der Sieg
wahrscheinlich eher eine willkommene Gelegenheit sich dieses, wenn auch
militärisch schlagkräftige, so doch äußerst unzuverlässige
und rebellische Korps vom Hals zu schaffen.